Artikel vom 19.10.2022
Wie kreditwürdig sind Sie? Schufa Online-Simulator ist startklar
Online-Händler, Banken, Vermieter - alle interessiert, wie zahlungskräftig potenzielle Kunden und Mietinteressenten tatsächlich sind. Nur bei positiver Bonität kommt man ins Geschäft oder hat eine Chance im Wettbewerb um die begehrte Mietwohnung. Wie die eigenen Chancen dabei stehen, können Verbraucher jetzt selbst testen.
Schufa als sammelwütige, intransparente Datenkrake?
Ein häufig geäußerter Vorwurf von Verbraucher- und Datenschützern, dem die Schufa jetzt etwas entgegensetzen will: Ein neuer Score-Simulator soll zur Aufklärung beitragen und das Scoring-Prinzip nachvollziehbarer machen, so Tanja Birkholz, Vorstand Schufa. Verbraucher sollen verstehen, was Deutschlands größte Wirtschaftsauskunftei, die Schutzgemeinschaft für Allgemeine Kreditsicherung, dabei tut. Voraussetzung dafür, dass dieser Selbsttest funktioniert, ist eine übliche, sprich sichtbare Teilnahme am wirtschaftlichen Leben, auf deren Basis sich Score-Werte ermitteln lassen. Wozu Bankkonto, nachvollziehbares Online-Zahlungsverhalten und/oder Kreditkarten gehören, um überhaupt im Verbraucher-Datenpool der Schufa aufzutauchen.
Sieben Fragen beantworten, anonymisiertes Verfahren
Wer den Schufa-Simulator ausprobiert, muss sich durch sieben Fragen klicken, die auch Kriterien realer Bonitätsprüfung sind. Durch Änderung von Einzelkriterien lässt sich selbst durchspielen, wie diese sich auf das Endergebnis auswirken. Bonität per Score-Simulator berechnen, wie funktioniert das genau? Neugierige loggen sich auf der Website der Schufa ein. Dann fragt das Tool - neben Zahlungsausfällen und Umzügen - ausführlich nach der aktuellen Zahl von:
- Girokonten
- Kreditkarten
- Ratenkrediten
- Immobilienkrediten
- Onlinekäufen auf Rechnung
Mögliche Antworten zum Anklicken sind vorgegeben. Nach wenigen Minuten spuckt das Online-Tool ein Ergebnis aus, das nah an den tatsächlichen Schufa-Score heranreicht - mit einem Überblick der gegebenen Antworten, Einzelheiten zu Einflussfaktoren und einer Score-Einordnung von hervorragend bis ungenügend.
Echter Score erst gut ab 97,5 Prozent
Die tatsächliche Auskunftei-Praxis beim Thema Score-Kalkulation arbeitet allerdings noch mit Abfragen und Aspekten, die über den Horizont des Simulator-Tools hinausgehen. Wer sich für seinen wirklichen Score interessiert, kann eine kostenlose Selbstauskunft, Datenkopie genannt, nach § 34 BDSG anfordern. Detailinformationen darüber hinaus sind kostenpflichtig. Doch was treibt einen Scorewert nach oben? Alles, was die Kreditwürdigkeit untermauert: Wie z. B. besicherte Immobilienkredite, da kaum eine Bank darauf verzichtet, solche Kunden im Vorfeld bonitätsmäßig gründlich zu durchleuchten. Auch Ratenkredite punkten positiv - sofern es nicht mehr als zwei sind. Allerdings braucht es für eine gute Bonität einen Score von 97,5 Prozent und mehr. Bereits unter 90 Prozent gilt diese als schlecht und das Risiko für Zahlungsausfälle als hoch.
Sage mir, wo du wohnst ...
Für Adressen, die auf soziale Brennpunkte hinweisen können, interessiert sich die Schufa nach eigenem Bekunden weniger. Nur, wenn jemand sich durch häufigen Ortswechsel Gläubigern zu entziehen versuche, sei dies von Interesse. Anders die Auskunftei Creditreform, die bewusst auf die Postleitzahl mit dem Ziel eines deutschlandweiten Schuldneratlasses abstellt. Demnach sinkt die Bonität mit dem Umzug in eine Gegend, in der die Zahl überschuldeter Haushalte überdurchschnittlich hoch ist. Faktisch jedoch führen Umzüge auch bei der Schufa zu Abzügen im Scoring, auch wenn der Grund für den Wohnungswechsel eventuell in der Aufnahme eines lukrativeren Jobs liegt. Pech gehabt, weil die Schufa nicht nach den Gründen dafür fragen kann - Nichtwissen, das negativ zu Buche schlägt. Ähnlich beim Girokontowechsel, weil die Schufa positive Infos zum früheren Konto aus Datenschutzgründen löschen muss. Denn "keine Informationen" sind laut Birkholz "schlechter als irgendwelche Informationen".
Harte Negativinformationen zu über 9 Prozent der Deutschen
Werden Rechnungen und Kredite nicht fristgemäß bedient, melden Händler und Banken diese Zahlungsausfälle der Schufa. Weil der Score jedes Quartal neu berechnet wird, wirkt sich dies sofort aus. Umso wichtiger ist es für Verbraucher, sich per Selbstauskunft zu versichern, ob gespeicherte Daten wie z. B. die Zahl von Bankverbindungen und Kreditlinien noch aktuell sind. Denn wer in diesem System nicht punktet, steht im Wirtschaftsleben vor verschlossener Tür. Was für mehr als neun Prozent deutscher Verbraucher gilt. Von diesen besitzt die Schufa so genannte harte Negativinformationen - sie haben praktisch keine Chance auf Kredit. Und weil die Wirtschaftsauskunftei zu über 50 Prozent im Besitz von Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken ist, führt an der Schufa - mit stolzen 250 Millionen Jahresumsatz - kein Weg vorbei.
Schufa-Chefin Birkholz: Bonitätsdaten gut für Wirtschaft und Verbraucher
Am 13. Oktober 2022, Schlag 18 Uhr, ging der Score-Simulator an den Start - und bringt zumindest ansatzartig Licht ins Blackbox-Dunkel. Dass der Bonitätsdatenpool seine Berechtigung hat, steht für Vorstandschefin Birkholz außer Frage. Ohne Informationen zur Kreditwürdigkeit käme es durchschnittlich zum Ausfall von zwölf Prozent aller Forderungen. Um dies auszugleichen, müssten die Banken Zinsen in einer Höhe fordern, die für den Ottonormalverbraucher unbezahlbar wären. Bonitätsinformationen, so das Argument, könnten solche Ausfälle auf zwei Prozent begrenzen - und den Weg für Kredite ebnen. Birkholz vergleicht die Schufa mit einer Ampel zur Regelung des Kreditverkehrs: Wer bei Rot fahre, riskiere schließlich auch einen Unfall. Was mit dem neuen Simulator begonnen hat, soll bis 2024 in eine Schufa-App münden, die Bürgern jederzeit Datenzugriff bieten soll. Bis dahin sind allerdings noch ein paar Datenschutz-Hürden zu überwinden.