Der freie Onlinedienst zum Thema Selbstauskunft

Artikel vom 12.06.2023

Datenschutz Gesundheit: Elektronische Patientenakte, Datenpool der Zukunft?



Senioren machen Europas Straßen unsicher, so die EU. Und plant eine Selbstauskunft oder Gesundheitschecks für ältere Autofahrer, als Bedingung für den EU-Führerschein. Sensible Gesundheitsdaten, die künftig Teil elektronischer Patientenakten werden könnten, lukrative Weitergabe an Dritte eingeschlossen. Welche Pläne gibt es zum Thema Patientendaten?

Wie fit sind Senioren am Steuer?

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) kritisiert die Pläne zu verpflichtender Selbstauskunft und Gesundheitstests. Auch der ADAC warnt vor einem Fahrtauglichkeits-TÜV für Senioren. Wer Ü-70 ist, soll künftig alle fünf Jahre eine Selbstauskunft in Form einer Selbsteinschätzung der Fahrtauglichkeit ausfüllen; alternativ kann der Führerscheininhaber eine ärztliche Untersuchung durchlaufen. Nur dann wird die Fahrerlaubnis erneuert. Welcher Weg - Selbstauskunft oder ärztlicher Check - gewählt wird, ist Sache des jeweiligen EU-Landes. Vorgaben, die bei jeder Erneuerung der Fahrerlaubnis greifen sollen. Auch sollen alle ab 19. Januar 2013 ausgestellten Führerscheine nur noch 15 Jahre gültig sein. Eine Verpflichtung zum Fahrtauglichkeitstest ist dagegen nicht vorgesehen.

Deutscher Verkehrssicherheitrat: EU-Plan unverhältnismäßig!

Wissing denkt, dass zusätzliche Anforderungen jeder Grundlage entbehren. Schließlich gingen von Senioren am Steuer keine signifikant höheren Unfallzahlen aus. Auch der Deutsche Verkehrssicherheitsrat lehnt diese verpflichtende Überprüfung der Fahrtauglichkeit als unverhältnismäßig ab. Bezogen auf die Kilometerfahrleistung ist das Unfallrisiko bei Senioren zwar vergleichbar mit dem 18 bis 24-Jähriger. Dennoch ist die Unfallbeteiligung älterer Menschen relativ zu ihrem Bevölkerungsanteil unterproportional. Insofern genüge es, Gesundheitsuntersuchungen bei Pkw- und Motorradfahrern lediglich bei konkreten Anhaltspunkten für Fahreignungsmängel durchzuführen.

Elektronische Patientenakte für alle

Kommen Checks und Selbstauskunft zur Fahreignung, werden die dabei erhobenen Daten vermutlich Teil der geplanten elektronischen Patientenakte (ePA) werden. Geht es nach Gesundheitsminister Karl Lauterbach, kommt diese in naher Zukunft - für alle. Bisher haben weniger als ein Prozent der 74 Millionen gesetzlich Versicherten die ePA genutzt. Das soll sich ändern - orientiert am Modell der wenig erfolgreichen Bund-ID. Verpflichtend war die Nutzung dieses digitalen Kontos für Bund-Online-Dienstleistungen für Studierende, die die Corona-Einmalzahlung beantragten. Sie möchten nicht, dass Ihre Patientendaten durch alles, was sich Forschung nennt, genutzt wird? Dann müssen Sie ausdrücklich Widerspruch dagegen einlegen. Noch ist leider ungeklärt, in wieweit trotz pseudonymisierter Gesundheitsdaten Rückschlüsse auf einzelne Patienten möglich sind - inklusive Filterung nach Alter oder Wohnort. Oder ob die Ärzte mit Anreizen gelockt werden, die ePA mit Daten zu befüllen.

2019: Spahn streicht Passus zur Weitergabe von Gesundheitsdaten

Lauterbach sieht die ePA als Plus: So könnten Kranke direkt zur Teilnahme an passenden Studien aufgefordert werden. Etwas, das von durchschnittlichen Patienten wohl eher als Instrument von Datenüberwachung verstanden werden wird. Und für die Pharmaindustrie ist der Handel mit Gesundheitsdaten äußerst verlockend. Nicht ohne Grund hatten Bürgerrechtler 2022 gegen die Datenweitergabe der Krankenkassen geklagt: Die Widerspruchsmöglichkeit fehlte, eine Datenweitergabe an Dritte war nicht ausgeschlossen. Missstände, für die der frühere Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Weg bereitete: 2019 hatte Spahn einen zäh ausgehandelten Datenschutzaspekt einfach aus dem Text des Digitalisierungsgesetzes (DVG) entfernt. Erst nach Beschluss fiel auf, was da gestrichen wurde - der Passus, der die Weitergabe sensibler Gesundheitsdaten an Dritte verhinderte. Bahn frei für den Zugriff durch Arzneimittelindustrie und private Akteure!

20 Millionen Euro Bußgeld für Arztpraxis

Eigentlich unterliegen Patientendaten nicht nur dem Datenschutz, sondern auch der ärztlichen Schweigepflicht. So steht es schon im hippokratischen Eid: Was ist sehe und höre bei der Behandlung, soll niemals nach draußen dringen. Entsprechend hoch sind die Bußgelder, die bei Datenschutzverletzungen drohen - bei Verstoß gegen die Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten gem. Art. 5 DSGVO sind dies bis zu 20 Millionen Euro bzw. bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes des vorigen Geschäftsjahrs einer Arztpraxis. Verhängt wird der höhere Betrag.

Erst durchleuchtet, dann geröngt

Ärzte gehen mit unterschiedlichsten Patienteninformationen um, auch mit Daten finanzieller Art. Weshalb sich vor allem Zahnärzte inzwischen gern absichern. Sie delegieren Rechnungslegung und das Betreiben von Forderungen an spezielle Abrechnungsgesellschaften wie das Deutsche Zahnärztliche Rechenzentrum (DZR). Bonitätsprüfung anstelle von Honorarverlust, heißt die Devise, um zu verhindern, dass Privatversicherte, die schon die Vermögensauskunft (früher Offenbarungseid) abgegeben haben, ihre Arztrechnungen nicht bezahlen.

Patientendaten: Welche Rechte haben Sie?

Laut Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) haben Sie das Recht auf Einsicht in Daten wie Röntgenbilder und alle ärztlichen Befunde. Da kommt im Laufe einer Behandlungshistorie einiges zusammen! Mit Betreten der Praxis werden Name, Geburtsdatum und Kontaktdaten im Patientendatenblatt gespeichert und Vorerkrankungen abgefragt. Später wird die Krankengeschichte fortlaufend dokumentiert. Dabei gelten Patientendaten als personenbezogene Daten, die besonders durch den Datenschutz abgeschirmt sind und dem Arztgeheimnis unterliegen - egal, ob als digitale Patientenakte oder in Papierform gespeichert.

Wann dürfen Patientengeheimnisse offengelegt werden?

Bisher braucht es für die Weitergabe von Patientendaten die datenschutzrechtliche Einwilligung des Betroffenen. Es sei denn, es existiert eine Rechtsgrundlage für die Übermittlung oder eine mutmaßliche Einwilligung, woran noch hohe Hürden geknüpft sind. Patientengeheimnisse weiterzugeben, ist in Situationen des Notstands nach § 34 StGB (Strafgesetzbuch) erlaubt. Gesetzliche Regelungen für eine Offenbarung finden sich z. B. im Infektionsschutzgesetz. Allerdings sind nach Ablauf fester Aufbewahrungsfristen alle Patientenakten datenschutzkonform zu vernichten. Unterlagen sind bis zu zehn Jahre nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren. Als Patient haben Sie ein Recht auf Löschung, Benachrichtigung und Sperrung personenbezogener Daten.

Recht auf Selbstauskunft und Einsicht wahrnehmen?

Ihr Recht auf Selbstauskunft als Patient ergibt sich aus dem Behandlungsvertrag mit dem Arzt sowie § 810 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und aus den Datenschutzgesetzen der Bundesländer. Diese Selbstauskunft erstreckt sich auf die Auskunft vom Arzt, die Einsicht in die Daten der Krankenunterlagen und die Inaugenscheinnahme aller Gesundheitsdaten, auch der ärztlichen Befunde. Wichtig dabei: Ein besonderes Interesse an der Einsicht müssen Sie als Patient nicht darlegen oder nachweisen! Außerdem können Sie dieses Recht auf Selbstauskunft auch durch andere - wie z. B. einen anderen Arzt oder eine Vertrauensperson - wahrnehmen lassen.

Gehört transparenten Patienten die Zukunft?

Vorhaben wie die elektronische Patientenakte, Pläne zum Nachweis von Fahrtauglichkeit auf Basis von Gesundheitsdaten oder auch Bonitätsprüfungen von Patienten werden die Transparenz - oder, kritisch formuliert - Gläsernheit von Bürgern zukünftig erhöhen. Darüber, wann auch das menschliche Genom in die Patientenakte einfließt, kann nur spekuliert werden - bisher ist dies laut Gesundheitsdatennutzungsgesetz verboten. Warum das ein Problem sein kann? Klassifizierungen wie Gesundheitschecks für den Führerschein oder Prüfungen der Zahlungskräftigkeit von Patienten laden dazu ein, diejenigen mit Privilegien auszustatten, die ihre Daten freiwillig bereitstellen. Noch hat die Schweigepflicht einen hohen Stellenwert - via Strafgesetzbuch und Berufsordnung streng geschützt. Leider haben Konzepte wie die ePA das Zeug, Schweigepflicht und Datenschutz langfristig auszuhebeln.


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