Artikel vom 25.04.2022
Konto eröffnen: Anforderungen an Selbstauskunft für Geflüchtete gelockert
Ohne Bankkonto keine gelungene Integration! Doch Geflüchtete aus der Ukraine besitzen meist lediglich eine Art Identity-Card. Weil dies gem. Geldwäschegesetz bisher nicht genügte, konnten viele Flüchtlinge noch kein Konto eröffnen. Jetzt wurden die Regelungen für ein Basiskonto der Alltagsrealität angepasst
Kontoeröffnung nur mit Steueridentifikationsnummer?
Um handlungsfähig zu sein und am Wirtschaftsleben teilzunehmen, brauchen auch Flüchtlinge aus der Ukraine möglichst schnell ein deutsches Girokonto. Doch die Identity-Card, die die Geflüchteten mitführen, genügten bislang nicht den Anforderungen des Geldwäschegesetzes. Normalerweise ist bei einer Kontoeröffnung stets eine Steueridentifikationsnummer anzugeben. Jetzt weist das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) auf einen Nichtbeanstandungserlass des Bundesfinanzministeriums hin: Anders als sonst üblich, müssen Geflüchtete aus der Ukraine keine entsprechende Selbstauskunft beibringen. Der Hintergrund: Jedes deutsche Geldinstitut ist verpflichtet, diese bei einer Kontoeröffnung gem. § 6 Abs. 1 FKAustG einzuholen. Die Steueridentifikationsnummer wird benötigt, um die Ansässigkeit - gem. § 13 Abs. 2 und 3 FKAustG (Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz) - festzustellen.
Nichtbeanstandungserlass bei Kontoeröffnung durch Flüchtlinge
Laut Finanzministerium ist es nicht zu beanstanden, wenn Ukraine-Flüchtlinge bis auf Weiteres keine solche Selbstauskunft beibringen. Dazu muss die Bank nachweisen, dass das Einholen der Selbstauskunft aus bestimmten Gründen nicht möglich ist - aktuell gegeben, weil im Herkunftsland Krieg herrscht. Zwar ist diese Selbstauskunft innerhalb von 90 Tagen nachträglich beizubringen (§ 13 Abs. 2a Satz 4 FKAustG), aber dies scheint für Flüchtlinge kaum realisierbar. Also wurde beschlossen, dass Kriegsflüchtlingen durch fehlende Selbstauskunft kein Nachteil entstehen darf. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) macht Flüchtlingen nun die Kontoeröffnung leichter. Bis einschließlich 23. Februar 2023 werden Identity-Cards als Ersatzpässe anerkannt. Mehr noch: Auch Menschen ohne ukrainische ID-Card bzw. Ukrainern, die noch auf Ausweisersatzpapiere warten, ist ein Basiskonto anzubieten.
Basiskonto bietet Basisfunktionen
Alles, was ein Geflüchteter aus der Ukraine zur Kontoeröffnung benötigt, ist derzeit ein einfaches Ausweisdokument plus ein amtlicher Nachweis wie z. B. eine Meldebescheinigung, die belegt, dass der neue Bankkunde offiziell unter dem Namen geführt wird, der im Ausweisdokument steht. Bis das endgültige Dokument vorliegt, das alle Identifikationsanforderungen des Geldwäschegesetzes erfüllt, muss die Bank das eröffnete Basiskonto verstärkt im Blick behalten. Auch, weil viele Geflüchtete größere Mengen Bargeld mit sich führen, um dieses auf das neue Konto einzuzahlen. Dessen Herkunft muss nachvollziehbar sein. Weil auch dieser Nachweis schwierig zu erbringen ist, genügt momentan eine entsprechende Erklärung des Kriegsflüchtlings für ein Basiskonto. Doch was ist das eigentlich? Der Name sagt es: Ein Basiskonto - auch Jedermannkonto - garantiert seinem Kontoinhaber Basisfunktionen, wie Bargeld am Geldautomaten ziehen, Überweisungen tätigen, Lastschriften einlösen oder mit Karte zahlen. Ein Leben ohne Konto ist unvorstellbar. Trotzdem war es noch bis 2016 für Verbraucher ohne geregeltes Einkommen oder mit negativer Schufa oft schwierig, ein Girokonto zu eröffnen. Mit dem Zahlungskontengesetz (ZKG) und der Einführung des Basiskontos ist dieser unhaltbare Zustand Geschichte.
Basiskonto eröffnen?
Das gesetzlich vorgeschriebene Formular können Sie online bei der Bank Ihrer Wahl oder auf der Webseite der Finanzaufsicht Bafin herunterladen. Ihre Identität weisen Sie - als Nicht-Geflüchteter - per Personalausweis oder Reisepass nach, persönlich oder via Post- oder Video-Ident-Verfahren. Asylanten legen den amtlichen Ankunftsnachweis und Geduldete ihren Duldungsbescheid direkt in der Bankfiliale vor. Ist der Antrag gestellt, muss die Bank das Basiskonto binnen zehn Tagen eröffnen. Aber ein Antrag auf ein Basiskonto kann auch abgelehnt werden, z. B. wenn
- Sie schon ein Girokonto bzw. Basiskonto haben
- die Bank Ihnen schon einmal das Konto gekündigt hat
Aber: Allein die Tatsache, dass die Schufa Ihre Bonität als schlecht bewertet und Ihr Schufa-Score im Keller ist, ist kein Grund für eine Ablehnung! Denn gerade für Verbraucher in finanziell prekären Lagen wurde dieser Kontotyp ja geschaffen - und wird oft gleichzeitig Pfändungsschutzkonto eingerichtet. Weshalb ein Basiskonto auf Guthabenbasis ohne Kreditrahmen geführt wird: Schulden machen Fehlanzeige!
Vor Kontoeröffnung Selbstauskunft anfragen
In der Regel ist bei Eröffnung eines klassischen Girokontos mit Kreditrahmen eine Selbstauskunft nötig - nicht nur zur Identität, sondern auch zur Bonität. Bei Antragstellung erwartet man von Ihnen, dass Sie der so genannten Schufa-Klausel zustimmen. Ihr Okay, dass die Bank Ihre persönlichen Daten an die Schufa schicken darf. Der so genannte Schufa-Score dient Banken als Hauptkriterium zur Bewertung der Kreditwürdigkeit von Antragstellern. Ihre Schufa ist negativ? Gem. Art. 15 DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) haben Sie ein Recht darauf, Einblick in die Daten der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung zu nehmen: Was hat diese - private! - Auskunftei alles über Sie gespeichert? Fordern Sie eine kostenlose Schufa Selbstauskunft an. Nur so können Sie fehlerhafte oder veraltete Einträge rechtzeitig sehen und korrigieren lassen - und ihren Schufa-Score zu verbessern.
Antrag auf Basiskonto abgelehnt?
Nicht nur ein Antrag auf ein klassisches Girokonto, auch der Wunsch nach einem Basiskonto kann abgelehnt werden. Für diese schriftliche Ablehnung hat die Bank maximal zehn Tage Zeit. Dem Schreiben liegt ein Formular bei, mit dem Sie einen Überprüfungsantrag an die Bafin richten können. Ist diese Überprüfung erfolgreich, ordnet die Bafin die Kontoeröffnung an. Lehnt auch die Bafin ab, können Sie noch dagegen klagen. Außerdem kann auch ein Basiskonto gekündigt werden. Sogar fristlos. Etwa, wenn offenbar wird, dass der Kontoinhaber bei seiner Identität gelogen hat oder kriminelle Handlungen wie Geldwäsche darüber laufen. Banken sichern sich auch hier ab - mit Fug und Recht!