Artikel vom 22.07.2013
VG Darmstadt verbietet vorläufig bisherige Praxis von Wirtschaftsauskunftseien
Mit dem Beschluss 5 L 304/13.DA hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Darmstadt einen Eilantrag abgelehnt, den eine Wirtschaftsauskunftsei gegen eine Verfügung des hessischen Datenschutzbeauftragten angestrengt hatte. Damit untersagte es zumindest vorläufig die gängige Auskunftspraxis dieser Häuser. Die Entscheidung im Hauptverfahren (5 K 303/13.DA) ist anhängig und wird frühestens für Anfang 2014 erwartet. Der aktuelle Richterspruch zeigt, dass auch Wirtschaftsunternehmen regelmäßig Gebrauch von ihrem Recht auf kostenlose Selbstauskunft laut § 34 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) machen sollten, denn nur so können sie feststellen, ob ihre Rechte nach § 35 Absatz 4a BDSG vielleicht verletzt worden sind, wie es im vorliegenden Fall passierte.
Selbstauskunft führte zur Aufdeckung fehlerhafte Angaben und führte zur widerrechtlichen Vollsperrung
Eine Offenbacher Kauffrau hatte im vorliegenden Fall von mehreren Leasinggebern erfahren, dass diese aufgrund der Informationen über sie in einer Wirtschaftsauskunftsei nicht mehr mit ihr zusammenarbeiten wollten. Da die Dame im Transportgewerbe tätig ist, war dies für sie von erheblichem Nachteil. In der Folge nutzte sie ihr Recht zur kostenlosen Selbstauskunft und erfuhr, dass viele der Daten über sie schlicht falsch waren. Sie verlangte eine Korrektur. In der Folge führte die Auskunftsei eine Vollsperrung ihres Kontos durch - was eine gängige Praxis ist. Die Dame wandte sich an den hessischen Datenschutzbeauftragten, weil wegen der Vollsperrung bei den Leasinggebern erneut Zweifel an ihrer Bonität aufkommen und diese deshalb weiterhin nicht mehr mit ihr zusammenarbeiten wollten. Der Datenschutzbeauftragte beanstandete das Verhalten der Auskunftsei: Laut § 35 Absatz 4a BDSG sei es nicht erlaubt, Informationen über Sperrungen weiterzugeben, weil diese eben genau so ausgelegt werden könnten. Deshalb sei Absatz 4a "seit dem 01.04.2010 als zusätzliche Vorschrift zum Schutz des Betroffenen" aufgenommen worden. Es sei auch nicht zulässig, lediglich weiterzugeben, dass man keine Auskunft über eine Person erteilen könne, weil dies mit der Information über eine Sperrung gleichzusetzen sei. Faktisch hob der Datenschutzbeauftragte die Sperrung also auf.
Richter stimmen zu
Hiergegen wehrte sich die Auskunftsei über einen Eilantrag, der von den Richtern allerdings abgelehnt wurde. Bis zur endgültigen Entscheidung in der Hauptsache untersagte das VG Darmstadt zudem die bisherige Auskunftspraxis. Bei einzeln gesperrten Daten müssten die Wirtschaftsauskunftseien diese bis dahin (und vermutlich generell in Zukunft) entweder komplett streichen oder über diese gar nichts mitteilen. Bei einer Vollsperrung müsse eine Auskunftsei mitteilen, dass man kein Daten über die betreffende Person bzw. das jeweilige Unternehmen besitze. Keinesfalls sei die Phrase zulässig, dass man "zurzeit keine Informationen geben könne", denn dieses weise zu deutlich auf die Sperrung hin und suggeriere Bonitätsprobleme.
Für das Kreditgeschäft: Eine Entscheidung mit überregionaler Bedeutung
Der Beschluss aus Darmstadt ist die erste richterliche Entscheidung dieser Art und ihr kommt damit große überregionale Bedeutung vor allem für das Kreditgeschäft zu. Denn es ist bei der absoluten Mehrzahl der Wirtschaftsauskunftseien gängige Praxis, dass die Korrektur eines Datensatzes zur Sperrung von diesem führt. Werden mehrere Sätze korrigiert, folgt die Vollsperrung. Jeder, der schon einmal eine Änderung hat durchführen lassen, sollte deshalb über eine Selbstauskunft Informationen darüber verlangen, ob Teile oder die kompletten eigenen Daten gesperrt wurden und gestützt auf den Darmstädter Beschluss Rücknahme oder Streichung fordern.