Artikel vom 12.10.2025
Revolution! Schufa startet neues Score-Modell - endlich mehr Transparenz?
Gefürchtet, begehrt, intransparent: Der Schufa Score spiegelt Ihren Marktwert als zahlungskräftiger Verbraucher, Mieter oder Bankkunde. Je höher der Punktwert, desto besser - doch sein Zustandekommen war stets eine Black Box. Bis dato, verspricht Deutschlands größte Auskunftei. Wie revolutionär ist die neue Bonitätsberechnung - und was ändert sich für Verbraucher und Unternehmen?
Komplette Transparenz, Score selbst nachrechnen
Die Schufa Holding AG und Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung mit Sitz in Wiesbaden besitzt Daten von über 68 Millionen privaten Verbrauchern. Auch von Ihnen, geliefert durch Vertragspartner wie Banken, Versicherungen, Telekommunikations- und Stromanbieter sowie Online-Händler - ergänzt um Daten auf öffentlichen Schuldnerregistern. Informationen, die in eine Bonitätseinstufung einfließen, die zu weiten Teilen intransparent ist, so die Kritik. Schluss damit, verspricht die Schufa: Das im April 2025 angekündigte neue Verfahren soll völlige Transparenz bringen. Und klopft sich freudig auf die Schulter, für die gelungene Entwicklung des weltweit ersten Scores zum selber Nachrechnen.
Zeit reif für verbrauchergerechtes Scoring
Neben mehr Nachvollziehbarkeit soll der Neue auch verändertem Verbraucherverhalten gerecht werden. Wie dem Trend Richtung Kleinkredit oder häufigerem Bankwechsel, um in den Genuss optimaler Konditionen zu kommen. Doch nicht alle Modifikationen passieren freiwillig: Verbraucher haben das Recht zu verstehen, anhand welcher Verfahren und Grundsätze ihre Bonität berechnet wird und dies in "präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form", entschied der Europäische Gerichtshof. Das Schufa-Projekt Next Generation Scoring nahm im Herbst 2022 seinen Anfang mit dem Score-Simulator. Angetreten, um Verbrauchern einen ersten Eindruck zur Zusammensetzung der eigenen Bonitätseinstufung zu geben. Des Weiteren orientiert sich die Schufa nach eigenen Angaben bei der Neuentwicklung an einem Gutachten des Sachverständigenrates für Verbraucherfragen der Bundesregierung, "Verbrauchergerechtes Scoring" genannt.
Aus 250 mach 12 - und 999 Punkte als Maximum
Das neue Verfahren, das alle verlangten regulatorischen Anforderungen erfüllen soll, fußt künftig auf weniger Parametern als zuvor. Um 250 Kriterien werden dazu auf folgende zwölf Kategorien zurückgestutzt:
- Alter älteste Kreditkarte
- Alter aktuelle Adresse
- Alter ältester Bankvertrag
- Kredit mit der längsten Restlaufzeit
- jüngster Rahmenkredit
- Immobilienkredit oder Bürgschaft
- aufgenommene Ratenkredite der letzten 12 Monate
- Kreditstatus
- Zahl Anfragen und Abschlüsse Girokonten und Kreditkarten der letzten 12 Monate
- Zahl Anfragen Telekommunikation und (Online)-Handel der letzten 12 Monate
- Vorliegen einer Identitätsprüfung
- Zahlungsstörungen
Jedes Kriterium erhält eigene Punktwerte. Zusammengerechnet repräsentiert die jeweils erreichte Punktzahl die Gewichtung im Schufa Score. Ingesamt können Sie hier 999 Punkte machen! Zweck: Als Verbraucher auf einen Blick sehen, wie der Score im einzelnen zustande kommt - und das eigene Verhalten ändern, um den Score gezielt zu beeinflussen bzw. zu verbessern.
Ein Score für alle, Aus für den Basisscore
Was sich nicht ändert: Schufa-Bewertungen als persönliche Bonitätsprognosen werden sich weiter massiv auf wirtschaftliche Alltagsentscheidungen auswirken - von Autokauf bis Stromvertrag. Der Probelauf des neuen Score-Modells nähert sich seinem erfolgreichen Abschluss: Zahlreiche Banken und Unternehmen haben die Prognosequalität in ihren Kundenportfolios getestet. Künftig soll der Neue auch diese sechs, mit bisher über 100 Kriterien arbeitenden Branchenscores ersetzen, von
- Banken
- Sparkassen
- Genossenschaftsbanken
- Telekommunikation
- Handel
- Versandhandel bzw. E-Commerce
An Stelle des seit 2006 geltenden Basisscore - branchenübergreifende Orientierung für Verbraucher - tritt also ein einziger Bonitätswert.
Der Kandidat hat 60 Gini-Punkte
Der Unterschied: Während der alte Basisscore nicht an Firmen weitergereicht wurde, gibt es nun einen Score für alle - Verbraucher, Banken und Unternehmen. Bestmögliche Prognosequalität genießt Priorität, Nachvollziehbarkeit für Verbraucher wird allerdings als Nebenbedingung bezeichnet. Einfach besser, lobt Schufa-Chefin Tanja Birkholz die hohe Prognosegüte für "Wachstum und Teilhabe" von über 60 Gini-Punkten. Gini was? Der Gini-Koeffizient gilt als Maßstab zur Beurteilung der Qualität von Score-Modellen. Je höher der Gini, desto präziser die Fähigkeit eines Scoremodells, Verbraucher in zahlungskräftige und weniger solvente Kunden zu trennen. Verbraucher profitierten hier, so die Schufa, da Überschuldung vermieden werde und gleichzeitig mit mehr Geschäften zu günstigen Konditionen zu rechnen sei.
Wie schneiden Sie ab? Selbstauskunft anfordern
Nur ein Imagegag, gar alter Wein in neuen Schläuchen statt echter Tranparenz? Wird sich zeigen. Neugierig, wie gut Sie selbst abschneiden, Einblick in gespeicherte, bonitätsrelevante Daten erhalten? Laut Schufa auch ohne statistische Fachkenntnisse möglich. Ein Tool erläutert, wie sich die Einzelkriterien des Berechnungsmodells auswirken. Um den neuen Schufa Score kennen zu lernen, müssen Sie ein eigenes Schufa-Konto einrichten. Für die Registrierung ist der Personalausweis bereitzuhalten, da die Schufa im Rahmen dieser Art der Selbstauskunft neue Online-Funktionen des Passes einbindet. Klingt kompliziert? Kein Problem: Einmal jährlich die bekannte kostenlose Schufa Selbstauskunft (Datenkopie) zu bestellen, bleibt weiterhin Option der Wahl!
