Artikel vom 22.11.2018
Bonität und Selbstauskunft: Ausländer als Vertragspartner
Globalisierung lässt Barrieren fallen. Doch gilt das auch für die Grenzen in den Köpfen beim Thema Bonität? Ein Fitness-Studio, das Mitgliedsanträge von Migranten ablehnt, musste sich jetzt den Vorwurf der Diskriminierung gefallen lassen. Welche Art Selbstauskunft dürfen Anbieter oder Vermieter zugrundelegen? Und wie weise ich als Ausländer meine Eignung als Vertragspartner erfolgreich nach?
Fitness-Studio verlangt "Unternehmensauskunft"
Der Betreiber der Fitness-Studios aus Meschede, Sauerland, bestreitet, Ausländer an verschiedenen Standorten diskriminiert zu haben. Wie Lokalzeitungen berichteten, gründete der Geschäftsführer der GmbH die Ablehnung auf eine so genannte Unternehmensauskunft, die jedes potenzielle Neumitglied mit dem Mitgliedsantrag ausfüllen muss. Anschließend holte das Unternehmen Informationen zum Antragsteller ein. Dort, wo Meldeadressen nicht stimmten, in der Vergangenheit gerichtliche Auflagen verhängt wurden, das Konto keine Deckung aufwies oder Konten Dritter als eigene angegeben wurden, wurde abgelehnt. Eine schriftliche Mitteilung dazu schickte das Unternehmen nicht heraus, sondern ließ sich folgenden Passus unterschreiben: Falls ich binnen zwei Wochen keine Zusage erhalte, bin ich raus. Warum die Selbstauskunft negativ ausfiel, erfahren Antragsteller so nicht. Ein ethisch bedenklich anmutendes Verfahren. Trotzdem ist der Studio-Betreiber rechtlich auf der sicheren Seite: Fitness-Clubs können sich, ähnlich wie Diskotheken mit Türsteher, ihr Publikum selbst aussuchen.
Maßstäbe von Bonität: Unwissenheit birgt Risiken
In puncto Bonität werden an Ausländer die selben Maßstäbe wie an deutsche Staatsbürger angelegt. Um einen Kredit zu erhalten, muss ich voll geschäftsfähig sein, regelmäßige Einnahmen haben und diese durch einen Arbeitsvertrag nachweisen. Menschen aus Nicht-EU-Staaten legen außerdem eine gültige Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis vor, um das Risiko von Forderungsausfall für den Fall abzufedern, dass der Kreditnehmer ausgewiesen wird. Migranten, die diese Bedingungen nicht erfüllen, aber umgehend Geld benötigen - z. B. um die Nebenkostenabrechnung zu begleichen - geraten zunehmend ins Visier von Abzockern. Wie Verbraucherzentralen und Flüchtlingshilfen berichten, geraten diese auf Internetseiten, die in Landessprache Kredit ohne Limit versprechen. Wer sich registriert, erhält unaufgefordert Prepaid-Kreditkarten per Nachnahme, Kostenpunkt 100 Euro oder mehr. Wer nicht zahlt, bekommt einen Inkassobescheid zum doppelten Tarif. Verbraucherzentralen raten Betroffenen, vom Inkasso-Unternehmen den Nachweis eines Vertrages zu fordern.
Mietinteressent ohne Schufa? So können sich Vermieter absichern
Unwissenheit kann auch im Bereich Vermietung rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Denn anders als Fitness-Clubs oder Diskotheken können sich Vermieter ihre Mieter nicht nach Gusto aussuchen - oder besser, Auswahlkriterien eigenmächtig festlegen. Zudem deutsches Mietrecht zwischen deutschen und ausländischen Mietern keinen Unterschied macht. Der Hauptnachweis der Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit ist stets die Schufa-Auskunft. Und die erste Hürde: Denn Ausländer erhalten meist erst dann einer Schufa Selbstauskunft, wenn sie länger in Deutschland leben und über ein deutsches Bankkonto verfügen. Wie sollen sich Vermieter dann absichern? Wie bei jeder Vermietung, indem sie sich umfangreich über den Neumieter informieren: Neben Vorlegen von Ausweis und Aufenthaltsgenehmigung, die die Identität bestätigen, sollte auch das Selbstauskunft Formular vom Mietbewerber ausgefüllt werden. Auch sollten Vermieter in Erfahrung bringen, aus welchem Grund und für wie lange ein Aufenthalt in Deutschland geplant ist. Nur so ist erkennbar, welcher Art das Mietverhältnis sein wird - befristet oder auf Dauer angelegt. Wie viele Personen einziehen sollen, ist ebenfalls essentiell, um Nebenkosten und künftige Abnutzung abschätzen zu können. Bei ausländischen Studenten mit befristetem Visum ist es ratsam, im befristeten Mietvertrag den Grund des befristeten Aufenthalts zu nennen. Die Vereinbarung von Pauschalmieten beugt etwaigen Problemen mit späteren Nachzahlungsforderungen vor.
Für Schufa Datensatz sorgen?
Nicht erlaubt, weil als Übersicherung geltend: Als Mietsicherheit mehr als drei Monatsmieten Kaution von Ausländern zu verlangen. Ebenso verboten ist die Tagesvermietung, um der Zweckentfremdung von Mietwohnungen einen Riegel vorzuschieben, urteilte das VG Berlin. Was tun, wenn ich als Ausländer (noch) keinen Wohnsitz in Deutschland habe und meine Schufa Selbstauskunft deshalb noch leer ist? Eine Schufa lässt sich füllen: Ein Flüchtling aus Syrien mit Bleiberecht und Job beispielsweise, der vom Flüchtlingsheim in die eigene Wohnung umziehen möchte, wird durch die Schufa erfasst, sobald er - auf Basis seines Einkommensnachweises - einen Mobilfunkvertrag schließt oder ein Konto eröffnet. Genauso muss sich die Französin, die nach Deutschland umziehen möchte, überlegen, welche Aktivitäten - bis zur Anmeldung auf Ebay.de - einen Schufa Datensatz generieren können.
Um Wohnung in Deutschland bewerben: Dokumente gut vorbereiten
Aber wie überzeugt sie angesichts magerer Datenlage ihren zukünftigen Vermieter? Anstelle der Schufa-Auskunft könnte sie als solvente Mieterin zum Beispiel die beglaubigte Übersetzung einer Bescheinigung der Banque de France beibringen, die belegt, dass weder Insolvenz noch Steuerschulden oder Pfändungen in Frankreich vorliegen. Und/oder eine amtlich beglaubigte Referenz des Vermieters, dass keine Mietschulden bestehen. Auch Menschen, die durch eine Organisation oder Behörde betreut werden, können sich durch diese die Zuverlässigkeit ihrer Person bescheinigen lassen. Oder in bestimmten Fällen eine Bürgschaftserklärung für die Anmietung einer Wohnung erhalten. Recht hat, wer überzeugt. Grundsätzlich gilt beim Thema Absicherung und Bonität für Deutsche und Ausländer dasselbe: Absolute Sicherheit ist eine Illusion - denn schwarze Schafe gibt es überall.