Artikel vom 05.04.2022
Black Box Schufa: Deutschlands größte Auskunftei verspricht mehr Transparenz
Gerade hat die Bundesministerin für Verbraucherschutz die Schufa zu mehr Offenheit ermahnt: Schließlich hatte Deutschlands größte Wirtschaftsauskunftei versprochen, endlich transparenter zu werden. Jetzt bewegt sich die Schufa, was die Regeln der Bonitätsberechnung angeht. Kommt jetzt endlich Licht ins Dunkel Schufa-Score?
Bei Schufa-Verkauf an EQT: Investor wünscht sich Transparenz
Grund für den Sinneswandel? Vielleicht, dass der Verkauf der Schufa (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung) an den schwedischen Investor EQT bevorstehen könnte. Denn dieser befürwortet ein Make-Over beim Thema Transparenz. Wird jetzt endlich das Mysterium gelüftet, wie die Schufa den für Vertragsschlüsse und Kreditwürdigkeit so wichtigen Score-Wert berechnet? Bisher war dies nämlich ein streng gehütetes Betriebsgeheimnis. Außerdem hat die Bundesministerin für Verbraucherschutz Steffi Lemke (Grüne) die Schufa aufgefordert, das schon länger zurückliegende Versprechen ihres Vorstandes einzulösen.
Wie hoch ist mein Schufa-Score? Selbstauskunft anfordern
Wozu der Wirbel? Nun, ein sehr guter Schufa-Score rangiert oberhalb von 97,5 Prozent, wobei bereits ein Scorewert unterhalb von 90 Prozent Probleme macht - beim Kredit, aber auch bei so einfachen Wünschen wie einem Handyvertrag. Wer sich als Verbraucher für seinen Schufa-Score-Punktestand inklusive positiver und negativer Einträge zu seiner Person interessiert, kann dies einmal im Jahr und ggf. auch öfter bei der Auskunftei erfragen - und dazu eine kostenlose Selbstauskunft anfordern. Verbraucherschützern reicht das nicht mehr: Immer wieder sorgen Schufa-Einträge und Scores für Effekte, die den Alltag Betroffener - nicht zuletzt aufgrund wiederholt vorkommender falscher oder veralteter Einträge - zum finanziellen Hürden- oder gar Spießrutenlauf machen.
Sie haben mehrere Handyverträge? Schufa-Einträge nicht mehr zeitgemäß
Verbraucher sind auf eine positive Schufa-Auskunft angewiesen, ganz gleich, ob es um Ratenkredite, Anschaffungen oder einen Mietvertrag geht. Oder einen oder mehrere preisgünstige Smartphone-Verträge: Schließlich ist ein Handy mehr als nur Telefonersatz, sondern längst ein leistungsstarker Computer im Kleinformat. Ein Smartphone ist privater Alltagshelfer und Business-Arbeitsgerät zugleich. Ein Handy gehört einfach dazu, weil keine zeitgemäße, schnelle und flexible Kommunikation und Information ohne Smartphone. Insofern sind Schufaeinträge zum Verbrauchernachteil hier ein Anachronismus, weil aus der Zeit gefallen. In seinen Anfängen noch Luxus und Spielerei, ist Handynutzung jetzt Alltagsstandard. Nicht zuletzt, weil seine Möglichkeiten (Job-)Chancen eröffnen. Schufa-Scores, die diesen Chancen entgegenstehen, sorgen für Widersprüche, die es endlich aufzulösen gilt.
Vorbei! Positivdaten bei Handyverträgen im Score
Doch es tut sich was, zwar zaghaft, aber immerhin: Die Schufa hat angekündigt, so genannte Positivdaten bei Handyverträgen nicht mehr in den Bonitätsscore einfließen zu lassen. Eine Vorgehensweise, die inzwischen als nicht mehr zeitgemäß gilt. Schließlich ist es mehr als üblich, seinen Mobilfunkanbieter öfter zu wechseln, um in den Genuss attraktiverer Konditionen zu kommen. Bislang hatte die Schufa solche Wechsel als Zeichen eingestuft, dass solche Verbraucher und Vertragspartner mit Zahlungsproblemen kämpften. Aber auch mehrere Handyverträge gleichzeitig zu haben, wirkte sich in der Vergangenheit negativ auf die Bewertung der Kreditwürdigkeit aus. Nun soll einzig säumiges Zahlungsverhalten Kriterium für Negativwertungen beim Thema Handyvertrag sein.
Transparenzoffensive: Verstehen, wie Bewertungen zustande kommen
Im Datenpool der Schufa sind aktuell Informationen zu mehr als 68 Millionen Verbrauchern verzeichnet. Trotzdem gilt die Schufa als undurchsichtig, der Schufa-Score als Black Box. Eine Intransparenz, die nicht dazu passen will, dass die Auskunftei selbst umfangreichste Details über Millionen deutscher Verbraucher kennt und zu Geld macht. Obwohl die Schufa ist keine staatliche Behörde, sondern ein mächtiges Unternehmen der Privatwirtschaft ist. Nun hat die neue Schufa-Vorstandsvorsitzende Tanja Birkholz eine Transparenzoffensive angekündigt. Dazu gehört, Verbraucher sowohl über die eigene Homepage als auch im Schriftverkehr leichter verständlich anzusprechen und weniger juritisches Fachchinesisch zu verwenden. U. a. möchte die Schufa mit Erklärvideos arbeiten, um zu zeigen, wie die Auskunftei arbeitet und funktioniert.
Verrät die Schufa jetzt auch Details zum Scoring-Algorithmus?
Die Schufa verspricht, den Kreditscore zu erläutern. Ganz neu dabei ist eine Art Simulator, der erklären soll, woraus sich der Schufa-Score zusammensetzt, welche Merkmale bei der Berechnung eine Rolle spielen und was jeder einzelne Verbraucher tun kann, um die eigene Bonität zu verbessern. Was bisher bereits bekannt war: Der Bonitätsscore verrät, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Verbraucher einen Artikel bezahlt, einen Kredit bedient etc. Über 100 Merkmale fließen dazu in die Scoreberechnung ein, wie die Anzahl aufgenommener Kredite, Zahl der Konten, die Wohngegend (Geoscore) u. v. m. In den geplanten Simulator sollen Verbraucher dann sechs Merkmale eingeben - wie die Zahl der Kreditkarten etc. Auf dieser Basis rechnet das Tool den vermutlichen Score aus, als Prognose und Schätzung - schließlich heißt das neue Instrument nicht ohne Grund Simulator!
Schufa-Score in Echtzeit sehen? Dauert noch ...
Wer den Simulator benutzt, soll auch erfahren, wie gut er als Einzelner im Vergleich zu allen anderen Verbrauchern abschneidet. Überdies soll der Simulator zeigen, wie sich der Score in Zukunft konkret verbessern lässt, sofern der Verbraucher seine Zahlungen zuverlässig tätigt. Oder was passiert, wenn ich dem Simulator verrate, dass ich in eine andere Gegend umziehe. Eigentlich sollte dies nicht in Prozent, sondern nach Art von Schulnoten geschehen, doch hier plant die Schufa noch Korrekturen. Aber wann kann ich als Verbraucher meinen Score endlich in Echtzeit sehen? Auch dafür scheint die Schufa etwas vorzubereiten - nutzbar frühestens im nächsten Jahr.